5 ExpertInnen über Trends und Tipps für TrainerInnen
Wir leben in besonderen Zeiten, in denen Mensch und Gesellschaft sehr schnell und flexibel auf Veränderungen und Herausforderungen in der Welt reagieren. Nicht nur digitale Transformationsprozesse schreiten rasant voran. Auch die Anforderungen an die Reaktions- und Veränderungsfähigkeit der Menschen steigen. Daraus ergibt sich ein wachsender Bedarf an Angeboten, die Menschen dabei unterstützen, die passenden Kompetenzen für eben diese Anpassungsfähigkeit zu erlangen.
Das hat auch auf die Trainingslandschaft großen Einfluss – sowohl im Hinblick auf die Trainingsinhalte als auch auf die Art und Weise der Wissensvermittlung. Welche Veränderungen sind bereits absehbar? Das haben wir fünf ExpertInnen aus dem Netzwerk der Coaching Akademie Berlin gefragt. Lesen Sie hier ihre Einschätzungen zu den aktuellen Trends und ihre wertvollen Tipps für die erfolgreiche Arbeit als Trainerin und Trainer.
Michèle Marie Reber: Gut präsentieren heißt Geschenke machen!
2021 bringt uns die Aufgabe, die Erkenntnisse des letzten Jahres zu nutzen und in ein ‚new normal‘ zu überführen. Für Trainings und Präsentationen hat sich die Kernbotschaft zwar nicht geändert, sie ist aber mit dem Anstieg virtueller Events noch dringender geworden: Seien Sie verbunden mit sich selbst, Ihrem Thema und dem Publikum! SIE machen das Thema besonders. Es reicht nicht, inhaltlich gut vorbereitet zu sein und Expertenwissen zu haben – Sie müssen wissen, weshalb andere Ihnen zuhören sollen! Was begeistert Sie an Ihrem Thema? Was ist Ihr persönlicher Bezug? Was ist sexy am Excel-Chart? Was treibt Sie an, mit Ihrem Publikum in Verbindung zu gehen? Wozu möchten Sie andere inspirieren…?
Wenn Sie nur eine Power Point durchklicken und vorlesen möchten – präsentieren Sie erst gar nicht! Seien Sie präsent mit sich selbst, dem Thema, dem Raum und Ihrem Publikum… dann werden Sie andere mit Ihrer Leidenschaft inspirieren und überzeugen! Wenn Sie sich zeigen, wird Ihre Präsentation ein Geschenk für andere.
Michèle Marie Reber ist systemische Beraterin, zertifizierte Lehr-Coach und Lehrtrainerin. Sie leitet die Trainer-Ausbildung an der Coaching Akademie Berlin.
Michèle Marie Reber auf LinkedIn
Ulrike Röseberg: Menschen wieder erleben!
Die Pandemie hat die Art unserer Kommunikation verändert. Zahlreiche Videokonferenzen haben ihre Nützlichkeit und Effektivität bewiesen, gleichzeitig sind Grenzen der digitalen Begegnung spürbar: Kontaktfreude, Spontanität und Humor blieben auf der Strecke. Ich bin überzeugt, dass das lebendige Miteinander und die Unmittelbarkeit in zukünftigen Trainings eine zentrale Rolle spielen wird. Daher wird es wieder wichtig, die körpersprachlichen und stimmlichen Mittel zu trainieren, mit denen wir unsere TeilnehmerInnen erreichen und begeistern können. Mit denen wir die eingeübte Distanz überwinden und Begegnungen in all ihren Facetten wieder erleben und zulassen können.
Ulrike Röseberg ist Trainerin für Präsenz, Wirkung und Stimme und hilft Menschen dabei, sicher und glaubwürdig aufzutreten.
Michael Kaune: Erfolgsfaktor Mindset – Ihre Einstellung entscheidet!
Mindset – für mich gibt es eine einfache Übersetzung: Die eigene Einstellung, die innere Haltung. Das ist meiner Meinung ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg. Unsere innere Einstellung zu aktuellen Situationen und Herausforderungen, unseren Tätigkeiten, privat und/wie beruflich, zu Kollegen, zu Bekannten und Freunden und allgemein zum eigenen Leben, entscheidet! Für mich als Trainer ist es interessant und spannend zu beobachten, wie unterschiedlich Menschen mit ihren Emotionen und Einstellungen in ähnlichen Lebenssituationen umgehen. Diese Unterschiedlichkeiten gilt es auch im Trainingskontext anzuerkennen und wertzuschätzen. Dabei kommt es natürlich auf unser eigenes Mindset an – unsere innere Haltung, unsere Einstellung. Unsere eigenen Gedanken, Gefühle, Denkmuster und Glaubenssätze in der Trainerrolle und wie wir mit ihnen umgehen, gestalten die Lernatmosphäre, die Gruppendynamik, die Aufnahme der Trainingsinhalte und letztlich den Erfolg der Teilnehmenden und auch des Trainers.
Michael Kaune ist Moderator, Mentaltrainer und Magier und unterstützt Menschen dabei, ihren eigenen Weg zu finden.
Kathrin Scheel: Mehr Selbstorganisation und Rollenwechsel!
Für mich ändert sich das Trainingsgeschäft rasant. Das Lernen auf Vorrat und nach dem Gießkannenprinzip hat ausgedient. Die 21st century skills erfordern ein viel höheres Maß an agilem, selbstorganisiertem Lernen. Und das braucht vor allem 2 Dinge:
1.) Ein wertschätzendes, motivierendes Lernumfeld und
2.) Ein gut durchdachtes und strukturiertes Design.
Mir begegnet oft die Meinung, dass Selbstorganisation weniger Organisation bedeutet. Ich denke, es braucht sogar ein Mehr an Organisation, nur auf eine andere, partizipative Weise. Meine Empfehlung ist, das Training in 3 Phasen einzuteilen: Die Vorbereitung für die TeilnehmerInnen, ein interaktives Seminar mit Transferplanung und eine begleitete Nachbereitung. Die DozentInnen werden zu LernbegleiterInnen, die TeilnehmerInnen wechseln interaktiv zwischen den Rollen des/der Lernenden und Lehrenden – indem sie zum Beispiel kollaborativ Lernprodukte erstellen. Ich freue mich sehr, in der Trainer-Ausbildung der Coaching Akademie Berlin mit den TeilnehmerInnen in einer Co-Creation an zeitgemäßen Trainingsdesigns zu arbeiten und neueste Erkenntnisse und Erfahrungen dazu mit ihnen zu teilen.
Kathrin Scheel ist seit 2004 im Trainergeschäft und engagiert sich für Nachhaltigkeit – auch in ihren Trainings. Sie liest und reist für ihr Leben gerne – am liebsten nach Lateinamerika.
Sandra Marzec: Die Anwendbarkeit von Wissen ist der Schlüssel!
Was ich an Veränderung in der Trainingslandschaft wahrnehme und selbst als Teilnehmerin erlebe ist, dass eine reine Wissensvermittlung heute niemanden mehr vom Hocker reißt, geschweige denn emotional berührt oder nachhaltig wirksam ist. ‚Viel in kurzer Zeit‘ ist für mich daher ein Ansatz von gestern. Ich lege in meinen Angeboten großen Wert darauf, meinen TeilnehmerInnen eine maßvolle Quantität an neuem Wissen zu vermitteln. Mein Schwerpunkt liegt vielmehr auf der Verknüpfung der neuen Inhalte mit den bereits vorhandenen, persönlichen Erfahrungen und individuellen Kenntnissen sowie den spezifischen Kontexten meiner Teilnehmenden. Auf diese Weise stellt jede/r für sich einen individuellen, emotionalen wie kognitiven Bezug zu den Lerninhalten her und kann sie viel intensiver verarbeiten und verinnerlichen. Der große Mehrwert dabei ist, dass TeilnehmerInnen sehr früh im Lernprozess die Relevanz, Bedeutung und Anwendbarkeit der Lerninhalte in ihrer eigenen Lebenswirklichkeit erkennen und damit viel lernbereiter, motivierter und freudvoller dabei sind. Das bringt zum einen viel Offenheit, Lachen, eine positive Dynamik und nachhaltige Lernerfolge in die Trainings. Zum anderen bauen die TeilnehmerInnen so eine lebenswirksame Transferkompetenz auf – und ein erfolgreicher Transfer der Inhalte in das Denken und Handeln der Teilnehmenden war und ist das wichtigste Erfolgskriterium für Trainings aller Art.
Sandra Marzec ist systemische Coach und Trainerin. Sie unterstützt Menschen in Veränderungs- und Umbruchphasen dabei, ihre Entwicklung proaktiv, positiv und selbstbestimmt zu gestalten.
Fazit
In diesem Jahr zeigt sich, wie wichtig die systemischen Erkenntnisse für unser Leben und unser Training sind. Die innere Haltung bei Ihrem Thema ist dabei genauso entscheidend wie die Verbundenheit mit Ihren Teilnehmenden und sich selbst. Präsenz, Persönlichkeit und Leidenschaft gewinnen in Zukunft an Bedeutung, denn der Wert des Zusammenseins darf wieder höher geschätzt werden. Es gilt, die Teilnehmenden zu begeistern, zu fördern und in ihrem Lernprozess zu stärken, denn sie stehen immer Mittelpunkt unserer Arbeit – ganz gleich ob digital oder in Präsenz.